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Zart aber stark

Rahmen aus dem 17. Jahrhundert, versilbert, Ornamente punziert,
um Frida Kahlos "Selbstbildnis", 1946

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Grau in grau mit Akzent

Farbiger Rahmen aus Spanien, 18. Jahrhundert,
um Yves Tanguys "Surrealistische Komposition", 1927

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Farbe bekennen

Farbig bemalter spanischer Rahmen, 17. Jahrhundert,
um André Massons „Massaker“, 1931.

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Formen wiederholen

Spanischer Rahmen aus dem 17. Jahrhundert,
versilbert, mit schwarzen Ornamenten bemalt
um Diego Riveras „Blumenverkäuferin“, 1952

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Sammlung Ulla und Heiner Pietzsch

Die Tür des Ladengeschäfts von Olaf Lemke ging auf, es erschien ein freundlicher Herr, vielleicht 45 Jahre alt: „Mein Name ist Heiner Pietzsch. Ich baue mit meiner Frau Ulla eine surrealistische Sammlung auf. Wollen Sie die rahmen?“

Und ob Olaf Lemke das wollte! Das war eine ganz neue Herausforderung für ihn. Surrealisten zu rahmen erfordert Umdenken. Man musste deren Denkweise aufnehmen und außergewöhnliche Rahmen finden. Zum Beispiel zu einem Bild für ein von Salvador Dalí konzipiertes Drehbuch, das leider nie als Film realisiert wurde. Titel des Bildes: „The Surrealist Mystery of New York in 1935“.
Olaf Lemke erklärt: „Die Darstellung der Auflösung des menschlichen Körpers verlangt keine „perfekte Rahmung“, sondern einen Rahmen in seiner Zerstörtheit, damit das Bild unterstreichend.“ Ulla Pietzsch fügte der Sammlung ihres Mannes weibliche Surrealistinnen bei, wie Dorothea Tanning, Leonor Fini und Frida Kahlo. Das Ehepaar Pietzsch baute für ihre Sammlung eigens ein Haus in Berlin-Grunewald, für ihre Bilder und Skulpturen, auch im Garten.
Olaf Lemke hat innerhalb von 40 Jahren die gesamte Sammlung gerahmt, Bilder und Gemälde von Balthus, Hans Bellmer, Victor Brauner, Salvador Dalí, Paul Delvaux, Max Ernst, Sam Francis, Wifredo Lam, René Magritte,  André Masson, Joan Miró, Pablo Picasso, Francis Picabia, Yves Tanguy. Und die anderer Künstler.

Zu einem runden Geburtstag luden Ulla und Heiner Pietzsch ihre Berliner Freunde nach Venedig zu einer Ausstellung in der Peggy Guggenheim Collection ein. Es war eine sehr besondere Ausstellung, eine Gegenüberstellung der Guggenheim-Sammlung und der Pietzsch-Sammlung. Auch Peggy Guggenheim hatte ihre Bilder ursprünglich mit alten Rahmen gerahmt. Während des Krieges mussten Bild und Rahmen getrennt werden und so wurde nach dem Krieg umgerahmt, die Bilder bekamen weiße Einheitsrahmen. Das bekamen die Besucher nun zu sehen: Die mehr als hundert Gäste, darunter auch Lemke, standen vor einem plastikgerahmten Picasso aus der Guggenheim-Sammlung, daneben ein von Lemke gerahmter Picasso aus der Pietzsch-Sammlung. Die Besucher staunten nicht schlecht, eine solch überzeugende Schau hatten sie noch nie gesehen. Olaf Lemke auch nicht. Er sah sich in seinen Ideen und Rahmungen mehr als bestätigt.

Kleine Schlussepisode: Pietzsch bittet Lemke zu sich nach Hause zum Kaffeetrinken. Er habe drei Zeichnungen amerikanischer abstrakter Expressionisten aus den 1940er Jahren. Lemke möge baldmöglichst Vorschläge zur Rahmung machen. Lemke verabschiedet sich. Klarer Auftrag.
Wochen später: Anruf von Pietzsch, Frage nach den Vorschlägen. Lemke erschrickt: Er findet die Zeichnungen nicht. Fängt an zu suchen. Wochenlang. Aber er findet die Zeichnungen nicht! Ruft Pietzsch an und bietet an, die unauffindbaren Werke zu bezahlen.
Pietzsch: „Ach, wissen Sie was, Sie suchen einfach weiter.“
Suchen. Er findet sie nicht. Suchen, suchen, suchen.
Zweiter Weihnachtsfeiertag, Anruf von Heiner Pietzsch: „Lieber Herr Lemke, wir haben die Couch zur Seite gerückt, die drei Zeichnungen lagen dahinter. Sie sind bei der intensiven Unterhaltung beim Kaffeetrinken hinter die Couch gefallen. Wissen Sie was: Sie haben angeboten, die Zeichnungen zu bezahlen, ich habe Ihnen keinen Rechtsanwalt auf den Hals geschickt. Wollen wir uns von heute an nicht duzen?“
Lemke schluckt. Verschluckt vor Erleichterung ein paar Tränen. Entspannung.
Von nun an sagen sie „Du“ zueinander. Auch hier: Beginn einer schönen Freundschaft.